Ausbalancieren des Wechselspiels zwischen Peripherie und Zentrum
Top-down, oder doch lieber Bottom-up? Größere Organisationen mit komplexen Strukturen stellen sich diese Frage in der Strategie- und Planungsarbeit mit vertrauter Regelmäßigkeit. Immer auf der Suche nach dem idealen Mix, insofern keine harten Transformationen notwendig sind – dort gelten natürlich völlig andere Spielregeln.
Ist es von Vorteil, Ziele und Aktivitäten für die „Planungs-Kinder“ möglichst detailliert vorzugeben? Oder fährt man besser, wenn diese von den Planungseinheiten innerhalb eines sehr groben Rahmens selbstständig entwickelt und anschließend auf höherer Ebene plausibilisiert, mit übergeordneten Zielen ab- und angeglichen werden? Die beiden Szenarien klingen einfach, sind sie aber nicht. In der Praxis werden für die Strategiearbeit oft 3 Segmentierungsdimensionen gekreuzt (Bsp. Business Unit mit Marktsegmenten und Regionen). Außerdem spielen innerhalb dieser Planungseinheiten oft noch Sub-Segmentierungen nach Ländern und/oder Produktgruppen eine Rolle.
Somit laufen zahlreiche Strategieprozesse auf einigen Ebenen ab, die an mehreren Punkten inhaltliche Abstimmungen und Übergaben erfordern. Es ist eine Kernaufgabe, diese Punkte an den unterschiedlichen Stellen im Strategieprozess aktiv zu organisieren. Leider gibt es dafür kein Patentrezept – zu viele unterschiedliche Faktoren spielen eine Rolle, z. B. Branche, Marktdynamik, vorhandene Strukturen, der strategische Reifegrad aber auch kulturelle Komponenten.
Mit diesen 3 Steuerungselementen schafft die Gruppenebene einen Rahmen für den Strategieprozess der Planungseinheiten auf der nächsten Ebene (Bsp. Divisions oder Business Units):
Hinzu kommen oft noch spezielle Stoßrichtungen oder Programme, die sich auf einzelne Märkte oder Regionen beziehen und Leitplanken für die Strategiearbeit einzelner Einheiten setzen.
Vorgaben dieser Art sind nicht nur legitim, sondern notwendig und geben Orientierung für die Strategiearbeit der Einheiten darunter. Über 2 Segmentierungsdimensionen lassen sich diese Zielvorgaben und Leitplanken noch nachvollziehbar in die Einheiten tragen. Die eigentliche Problematik und Komplexität liegen aber woanders. Nämlich bei der Wahl der Intensität, Anzahl und Frequenz der vertikalen und horizontalen Abstimmungs- und Entscheidungsrunden innerhalb des Strategie- und Planungsprozesses.
Um die richtige Balance zwischen zentraler und dezentraler Planung und Steuerung des Geschäfts zu finden, empfiehlt es sich, mehr als nur marktbezogene Kriterien als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen.
Selbst wenn die Diversität der Märkte und deren Dynamik hohes Gewicht bei der Entscheidung haben müssen, sollten auch die vorhandenen Strukturen und Prozesse, die Kultur und Wertestrukturen sowie die Führung und Umsetzungskraft einbezogen werden. Dabei wird häufig die Berücksichtigung unterschiedlicher Kulturzonen in größeren Organisationen unterschätzt, wenn es um die Frage nach dem richtigen Maß an Kollaboration, Partizipation und vorhandenen Denkhaltungen in der Strategiearbeit geht.
Entlang der definierten Kriterien sind viele unterschiedliche „Spielarten“ und Ausprägungen denkbar, die jeweils auf den spezifischen Fall hin geprüft, ggf. ergänzt und anzupassen sind.
Die Frage nach dem richtigen Mix von Top-down und Bottom-up hat weit reichende Konsequenzen. Sie hat u. a. Einfluss auf die Ausgestaltung der Strategiearchitektur und die jeweilige Methodik, auf vorhandene Planungs- und Entscheidungsprozesse auf unterschiedlichen Ebenen, auf die notwendigen Gremienstrukturen, auf kollektive Lernprozesse und auf das Entstehen kultureller Verhaltens- und Wertemuster.
Zu viel Top-down-Vorgabe, Kontrolle und Reporting entmündigen die Führungskräfte in einer ihrer Kernaufgaben – einen Beitrag zur Strategie zu leisten. Es verhindert strategisches Denken in der Breite und den wichtigen unterjährigen Dialog zu den Annahmen der Strategie. Die Verantwortlichen für einzelne Planungseinheiten sehen die Strategiearbeit häufig als Ausfüllübung von Templates ohne echte Wirkung und der Input für die Planung kommt als Konsequenz nicht selten durch die Extrapolation von Vergangenheitsdaten zustande.
Gibt es kaum Vorgaben, führt dies zu isolierten Strategien, die am Ende kein stimmiges Gesamtbild ergeben und für die Mittelfristplanung keine robuste Grundlage bilden. Die Gefahr von Widersprüchen und Redundanzen über die Einheiten hinweg wächst. Mangelnde Vernetzung und fehlendes Alignment in der Organisation führen dazu, dass sie kein tragfähiges Fundament für erfolgreiche Umsetzung bilden.
Die Frage nach der zentralen oder dezentralen Strategieentwicklung kennt nur noch eine Antwort: Beides. Es braucht Vernetzung und Alignment in der jeweils richtigen Dosierung als Voraussetzungen für agile und adaptive Strategiearbeit. Dieses richtige Austarieren ist ein fortlaufender Prozess. Er gelingt, wenn die strategischen Reife, die aktuelle Situation der Firma und die Marktdynamik berücksichtigt, regelmäßig kritisch hinterfragt und fortlaufend justiert wird.
Artikel 1: Revolutionieren Sie Ihre Strategieentwicklung
Artikel 2: Agilität und Tempo – entscheidende Erfolgsfaktoren in der Strategieentwicklung
Artikel 3: Top-down vs. Bottom-up im Gegenstromverfahren
Artikel 4: Der verborgene Strategieschatz – Wenn die Firma wüsste, was die Firma alles weiß
Unsere Mission bei Evolutionizer ist es, das strategische Management in Unternehmen durch innovative Software zu unterstützen.
Erfahren Sie mehr über Solyp – Enterprise Strategy Suite und wie unsere Technologie Sie bei Ihrer Strategiearbeit unterstützt.