Der verborgene Strategieschatz – Wenn die Firma wüsste, was die Firma alles weiß

Mit Machine Learning die bereits vorhandene kollektive Intelligenz aktivieren

Mit der entsprechenden Menge an verfügbaren Daten und der richtigen Wahl der Methoden können Sie das Datengold aktivieren und nutzen. (Foto: shutterstock.com/Milles Studio)

Jahr für Jahr strömen Unmengen wertvoller Strategieinformationen von vielen Beteiligten in unsere Organisation. Angesichts der Datenmengen und der Komplexität unserer Geschäfte, hoffen wir auf markt- und bereichsübergreifende Erkenntnisgewinne und stellen fest, dass wir durch die Informationsflut an menschliche Grenzen kommen und der Auswertungsaufwand häufig größer wird als am Ende der Erkenntnisgewinn.

Im Rahmen des Strategie- und Planungsprozesses werden nicht nur quantitative Daten erhoben, sondern viele qualitative Informationen erfasst. In standardisierten Vorlagen findet sich das geballte Wissen brillanter Köpfe über zugrundeliegenden Annahmen und deren Interpretationen, Beschreibungen zu Trends im Umfeld, zu Chancen und Risiken, strategischen und operativen Herausforderungen etc. Dies alles liegt verteilt in einer Vielzahl von Ordern und Dateien und häufig in unterschiedlichen Sprachen vor. Hinzukommen unterschiedliche Formate, Detaillierungsgrade und Qualitäten, die der gewinnbringenden „Aktivierung“ im Wege stehen. Statt diesen Datenschatz maximal auszuschöpfen und handlungsleitendes Wissen zu generieren, wird er in der Regel nur gut archiviert.

Für die Strategiearbeit ist es erfolgsentscheidend, das bereits vorhandene Wissen vieler Menschen aus den Märkten intelligent zu vernetzen, zu clustern und richtig zu bewerten, um mit den Erkenntnissen an Schlüsselstellen des Strategieprozesses aktiv arbeiten zu können. In der Praxis stellt das Einsammeln von Informationen zu Märkten, Wettbewerbern, Kunden, Chancen oder auch Ideen für Innovation aus den Teilmärkten mittlerweile das kleinere Problem dar. Es geht eher darum, mit der Fülle an qualitativen und quantitativen Informationen richtig umgehen zu können und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Fraglos eine Mammutaufgabe, die aber durch den Einsatz von Machine Learning ihren Schrecken verliert.

Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, dass sie eine Reihe von Voraussetzungen für den Einsatz solcher innovativen Ansätze bereits erfüllen. Mit den entsprechend verfügbaren Datenmengen und der richtigen Auswahl der Methoden heben sie das Datengold und öffnen gleichzeitig neue Tore „strategischer Erkenntnis“. Insbesondere bei der Strategiearbeit in komplexeren Organisationen mangelt es nicht an Anwendungsfällen.

KI – Entscheidungsunterstützung für die Strategieentwicklung

Machine-Learning und Künstliche Intelligenz adressieren eine der Kernfragen der Unternehmensführung: Wie kommen wir über Daten zu Informationen und darüber zu handlungsleitendem Wissen? Intelligente Algorithmen verschaffen uns einen Perspektivenwechsel und einen neuen Zugang zur Beantwortung relevanter Fragen der Strategieentwicklung und strategischen Planung – insbesondere in komplexeren Geschäften.

Hier ein paar Beispiele für praktische, vielfältig nutzbare und technisch skalierbare Use-Cases im Rahmen der Strategiearbeit:

  • Automatisches Gruppieren und tieferes inhaltliches Verstehen großer Mengen an Text durch Text-Clustering: Über Verfahren des Text-Clusterings werden vorhandene Sprachmodelle genutzt, um semantische Ähnlichkeiten aus einer Vielzahl an befüllten Templates zu erkennen. Intelligente, selbst lernende Algorithmen extrahieren dabei relevante Informationen aus großen Textmengen und erkennen strategisch verwertbare Muster in allen verfügbaren qualitativen Daten und Informationen. D.h. sämtliche Texte – selbst die kleinsten Fragmente – aus dem Strategie- und dem Planungsprozess werden mit Blick auf ihre inhaltliche Bedeutung und die „Nähe“ zu anderen Inhalten berücksichtigt, prozessiert und synthetisiert. Konkret kann dies eine Vielzahl von Textelementen zu beispielsweise Stärken, Trends, Chancen, Herausforderungen oder auch Ideen sein, die anhand definierter Filterkriterien an beliebiger Stelle gruppiert werden können. Der Algorithmus nutzt eine unvorstellbar große Menge an bestehenden Texten, vergleicht diese mit dem eigenen geschriebenen Text in einem vieldimensionalen Vektorraum und liefert uns einen Vorschlag, wie beispielsweise 500 Trends aus unterschiedlichen Marktsegmenten sinnvoll in Gruppen gefasst werden können.
  • Automatisierte Klassifizierung von Strategieinhalten: Beinahe jedes Unternehmen hat etablierte Kategorisierungsdimensionen in der einen oder anderen Form gruppenweit verankert. In einem Fall werden BSC-Kategorien bzw. Abwandlungen davon genutzt. Im anderen Fall wird von Building Blocks, Schlüsselgrößen oder anderen Kategorien gesprochen. Diese Kategorien helfen dabei, Strategieinhalte, Ziele, Initiativen, Maßnahmen oder beispielsweise Ideen in sinnvolle Gruppen zu fassen. Was heute ressourcenaufwändig, manuell zu jedem einzelnen Inhalt geschieht, kann automatisiert werden. Die Maschine kann einen Vorschlag machen, der der Kategorisierung durch den Menschen um nichts nachsteht. Ändere ich vorgeschlagene Kategorisierungen, trainiere ich damit das Sprachmodell und schärfe meine eigene „Firmensprache“. Der übergreifende Nutzen ist offensichtlich. Wir haben die Möglichkeit, strategisch relevante Informationen einheitenübergreifend auf Knopfdruck nach unterschiedlichen, vordefinierten Kategorien zu sortieren und daraus Schlüsse zu ziehen. Neben der Zeitersparnis durch Wegfall des manuellen Taggings haben wir den Vorteil, übergreifende Muster schneller und in höherer Qualität zu erkennen.
  • Bessere Prognose und Plausibilisierung der Planung durch Predictive-Modeling: Seit vielen Jahren schätzen wir Marktvolumenentwicklungen in fein segmentierten Teilmärkten ein und wagen Umsatzprognosen für diese Märkte. Die Bedeutung der vorhandenen Historie an Daten sollten wir nicht unterschätzen und diese aktiver nutzen. Je länger und hochfrequenter die verfügbare historische Datenreihe, desto erfreulicher ist das für Predictive-Modeling-Algorithmen. Diese Methoden liefern Vorhersagen auf Basis der Muster aus der Vergangenheit. Wir alle wissen, dass in Zeiten hoher Dynamik und Komplexität die Vergangenheit nicht geeignet ist, um Prognosen für die Zukunft plausibel herzustellen. Dennoch haben wir in einigen praktischen Fällen festgestellt, dass die Maschine sehr häufig imstande ist, schlüssige und auch bestätigte Prognosen für beispielsweise Marktvolumenentwicklungen auf Basis von Mustern der Vergangenheit vorzunehmen. Wir können die Technologie als Plausibilisierungshilfe für unsere eigenen Prognosen nutzen. Wenn einzelne Datenreihen zusätzlich mit Datenreihen aus anderen Märkten korreliert werden, erhalten wir ein noch besseres Gefühl dafür, welche unserer Märkte ähnlich „ticken“. Der Grundsatz des „Human in the loop“ hat natürlich auch hier hohe Priorität.

Eine völlig neue Qualität der strategischen Interpretation wird Realität  

Mit Technologien wie Text-Mining, Natural-Language-Processing (NLP) und Predictive-Modeling gelingt es erstmals, den kompletten historischen und laufend wachsenden Strategie-Datenschatz automatisiert zu nutzen. Und zwar zu jederzeit und immer auf aktuellem Stand.

Für die Strategieentwicklung bedeutet dies einen außerordentlichen Qualitätsgewinn, weil Strategieinhalte im Querschnitt und über die Zeit faktenbasiert und erkenntnisorientiert diskutiert werden. Dank neuester Technologien können begründbare und nachvollziehbare Antworten auf Fragen gegeben werden, die mit alten Mitteln praktisch nicht zu beantworten waren.

Dabei sind wir nicht zwingend auf unternehmensexterne Datenquellen angewiesen. Die Nutzung des bereits vorhandenen Wissens aus den markt- und produktnahen Bereichen ist der effektivste und effizienteste Weg für neue Erkenntnisgewinne und bringt den strategischen Dialog auf ein neues Qualitäts-Niveau. Die Voraussetzung ist das aktive Involvieren der vielen Menschen, die die Teilmärkte und deren Spielregeln im Detail kennen.

Die Mengen an quantitativen und qualitativen hochwertigen Strategie-Informationen für die Organisation dauerhaft zu konservieren ist richtig und gut. Diesen verborgenen Schatz an Information aktiv zu nutzen, ist noch schlauer und praktisch möglich. Wir sollten jetzt damit beginnen, das Wissen in der Organisation aktiv zu hebeln. Es ist der einzige Weg, um notwendige Agilität zu erhöhen und jene selbstorganisatorischen Kräfte zu mobilisieren, die in dynamischen Zeiten erfolgsentscheidend sind. Die Firma wird sich wundern, was sie alles weiß!

In dieser Artikelreihe sind bisher erschienen:

Artikel 1: Revolutionieren Sie Ihre Strategieentwicklung

Artikel 2: Agilität und Tempo – entscheidende Erfolgsfaktoren in der Strategieentwicklung

Artikel 3: Top-down vs. Bottom-up im Gegenstromverfahren

Artikel 4: Der verborgene Strategieschatz – Wenn die Firma wüsste, was die Firma alles weiß

Unsere Mission bei Evolutionizer ist es, das strategische Management in Unternehmen durch innovative Software zu unterstützen.

Erfahren Sie mehr über Solyp – Enterprise Strategy Suite und wie unsere Technologie Sie bei Ihrer Strategiearbeit unterstützt.

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